
Resumé zu einer Diskussion über die „Zukunft der Welt“ und die Kunst der Reduktion
Um es gleich vorweg zu sagen: ICH BIN DAFÜR DIE WELT ZU RETTEN! Ich frage mich nur, ob Rückschritt und radikale Reduktion der geeignete Weg zu einer besseren Welt ist.
Gestern war ich auf einer interessanten Lesung. Die Kunst der Reduktion von Michael Becker, so der Buchtitel, stellte der geneigten Zuhörerschaft Möglichkeiten vor, wie man durch Reduktion die Klimaveränderung aufhalten kann.
Ein durchaus lesenswertes Buch, mit guten Ansätzen. Eine schöne Lesung, anschaulich vorgetragen. Regt an zum Nachdenken. Leider konnte es die Moderatorin bei diesem Ergebnis nicht belassen. Herausfordernd, fordernd und leider auch mit Halbwahrheiten wurden nun die Zuschauer informiert, dass die Gesellschaft in ihrer momentanen Situation dem Tod geweiht sei. Schuld sei das Internet, was bei Jugendlichen zu einer Verkümmerung der Neuronen und zu einer Reduktion der kognitiven Wahrnehmung führe (dies ist übrigens umstritten). Nicht erwähnt wurde jedoch, dass diese Studie von einem stundenlangen, ständigen und täglichen Internetkonsum ausging. Nicht erwähnt wurde, dass sich bei älteren Menschen (und diese waren in der Zuhörerschaft in der Überzahl) dieser Effekt ins genaue Gegenteil verkehrt, dass nämlich die Nutzung des Internets die kognitive Wahrnehmung gerade verbessert (verbessern kann).
https://www.businessinsider.de/studie-menschen-die-zocken-haben-ein-besser-vernetztes-gehirn-2018-12
Auch die Behauptung, es werde nicht mehr gelesen, ist schlichtweg falsch. Dem widersprechen die Besucherzahlen der Buchmessen. Ja, es ist richtig, es gibt ein Verlagssterben. Dies bezieht sich jedoch hauptsächlich auf Zeitungsverlage, die sich tatsächlich ein Stück weit mit der Herausgabe der e-paper selbst die Luft abgegraben haben. Dennoch, die Behauptung, die Menschen würden nicht mehr lesen, ist meiner Ansicht nach schlichtweg falsch. Viele lesen eben anders. Auf dem kindle, auf dem Tablet, auf dem Handy. Ich häufig auch, man möge es mir verzeihen. Vielleicht mag man auch die Vorteile für den Baumbestand in Erwägung ziehen und die Tatsache, dass es auf das Lesen ankommt und nicht auf das Medium und das kann schließlich jeder so wählen, wie er es mag.
Auch dem Forderung der Moderatorin zurück zur guten alten Zeit vermag ich nicht zu folgen. Welche alte Zeit war denn gut oder vielmehr am besten??? Die Zeit der Kohlebergwerke, der Hungerlöhne, der Kinderkrankheiten, der Epidemien, der Kindersterblichkeit? Die Zeit, als Frauen kein Wahlrecht hatten oder keinen Zugang zu den Universitäten? Oder die Zeit vor dem Internet, die 70er und 80er Jahre? Auch Etwa die Zeit des kalten Krieges, des Ost-West und des Nord-Süd-Konflikts. Die Zeit der Atomenergie und der Bumsbomber? Oder die Zeit um den zweiten Weltkrieg (60000000 Tote) oder des 1. Weltkriegs oder die „Goldenen Zwanziger“ die Zeit der Weltwirtschaftskrise?????
Die Aussage, wir leben in Deutschland nicht in einer Demokratie, wird den Menschen, die etwa im Iran, in Saudi-Arabien oder auch in Turkmenistan oder Weißrussland leben, bitter aufstoßen. Zugegeben, besser geht immer und wenn ich die Schweiz mit der unmittelbaren Demokratie als die Urform der demokratischen Mitbestimmung sehe, dann schlage ich vor, dem Verein für unmittelbare Demokratie beizutreten und sich entsprechend zu ENGAGIEREN. Dem deutschen Staat die Demokratie abzusprechen, halte ich für polemisch.
Wir leben JETZT und JETZT ist unsere ZEIT. Die Zeit des Internets und der größtmöglichen Freizügigkeit überhaupt. Die Zeit der besten Arbeitsbedingungen, der freien Entfaltung, der Frauenrechte und des Wohlstandes und JA, wir nähern uns einer Klimakatastrophe und JA lasst sie uns aufhalten. Aber doch bitte nicht mit dem Blick auf die „gute alte Zeit“. Sondern mit dem Blick auf eine innovative Zukunft. Wir haben die Möglichkeiten. Wir brauchen einen Energiewandel, alternative Energien, Sonne, Wind, Grätzelzellen. Fahrzeugantriebe mit Wasserstoff und Bremsabtriebsenergie. Die Städte müssen grüner werden und der Nahverkehr komplett anders gestaltet werden. Auf Plastik können wir doch in so vielen Bereichen komplett verzichten. Lasst uns doch auf ökologische Kleidung achten und auf anständige Arbeitsbedingungen und auf Massentierhaltung verzichten, auf Plantagenanbau, der Regenwälder vernichtet und darauf, dass unser Obst aus Neuseeland zu uns fliegt. Lasst uns doch auf Kurzstreckenflüge verzichten, aber bitte nicht darauf, die Welt zu erkunden.
Hört doch auf den Fortschritt zu verteufeln und seht doch BITTE einmal in welchem Komfort wir leben. Es geht darum diesen Fortschritt umweltschonend zu erhalten und weiter innovativ in die Zukunft zu streben.
Und zwar bitte mit dem Internet, mit dem Fortschritt und mit der Freiheit. Wir brauchen Innovation statt Reduktion.
Unsere Kinder geben den Anstoß. Let´s do it! Und zwar ohne moralinsaure Reden.